Generalbundesanwalt ermittelt gegen Journalisten

Maaßen und Range sind gescheitert

„Gut, dass der Spuk nun zu Ende ist“, so Renate Künast zur dpa in Berlin. Die Grünen-Politikerin ist Vorsitzende des Rechtsausschusses des Deutschen Bundestags.

"Der Angriff auf die Pressefreiheit ist damit vorerst beendet"


 

Bekannt ist inzwischen, VerfSchutzPräsident Maaßen hat durch gezieltes Vorgehen und Anzeige beim Generalbundesanwalt statt Landeskriminalamt Berlin Ermittlungen  gegen Journalisten und jene Abgeordnete im Bundestag in Gang gesetzt, die als geheim tagendes Gremium für den Verfassungsschutz zuständig sind. Range ist entlassen. Der amtierende GBA stellt fest: gibt keine Grundlage für Ermittlungen wegen "Landesverrat", die Ermittlungen gegen Journalisten sind eingestellt. Das Landeskriminalamt ermitteln jetzt wegen Verrat  von "Dienstgeheimnissen".

BLOG Netzpolitik.org mit Titel "Verdacht des Landesverrats". Screenshot; Helga Karl
BLOG Netzpolitik.org
Eintrag eines USERS Franz Josef Strauss bei Netzpolitik.org
Eintrag eines USERS Franz Josef Strauss bei Netzpolitik.org

"Justizposse" nennt das der Deutsche Journalisten-Verband. Die Bundesanwaltschaft ermittelt wegen des Verdachts auf Landesverrat gegen Journalisten des bekannten und mehrfach prämierten Blogs NETZPOLITIK.ORG.

NETZPOLITIK.ORG hatte zwei redaktionelle Beiträge über Pläne des Bundesverfassungsschitzes zum Ausbau der Internet-Überwachung in Deutschland veröffentlicht  und als Beleg Auszüge von internen Dokumenten des deutschen   Bundesverfassungsschutzes veröffentlicht. Inhaltlich geht es um eine neue Einheit des Verfassungsschutzes zur Überwachung  Sozialer Netzwerke.


In einem kenntnisreichen Beitrag von Markus Wehner schreibt die FAZ am 10.8.2015 über Generalbundesanwalt Range:


"Er hätte den Begriff „Staatsgeheimnis“ als abwegig für die Fälle einstufen können. Schließlich hatte über die geheime neue Einheit des Verfassungsschutzes auch schon einmal der Parlamentarische Staatssekretär des Innenministeriums, Günter Krings, in einer Fragestunde des Bundestags am 4. März berichtet, wenn auch nicht detailliert." Dass Netzpolitik.org der Bundesrepublik Deutschland schaden wollte - diese Voraussetzung muss bei Ermittlungen wegen Landesverrat vorliegen, sei schwer nachzuweisen oder liegt nicht vor. Zwei gewichtige Gründe also, dass Range

 den Vorwurf des Landesverrats als nicht gegeben hätte bewerten können. Für Verrat von Dienstgeheimnissen ist nicht der Generalbundesanwalt zuständig.


Es wäre auf jeden Fall ermittelt worden, aber dann durch das LKA Landeskriminalamt.

Jedoch:  "Nur" wegen Veröffentlichung von "Dienstgeheimnissen" können Journalisten und die Medien (Zeitungen, Fernsehen oder Online), die "Dienstgeheimnisse" veröffentlichen, nicht juristisch belangt werden.

"Landesverrat" - David gegen Goliath ....

Range zog aber trotzdem entsprechend der Strategie des Bundesverfassungsschutzes das Verfahren an sich, als Ermittlungen "wegen Landesverrat". Gegen einen "kleinen Blog", nicht eine der großen Medien, die regelmäßig investigativ über "Dienstgeheimnisse" berichten.

 

Nach derzeitigem Kenntnisstand in den Medien war vom Verfassungsschutz deren Aufsichtsbehörde Bundesinnenministerium frühzeitig einbezogen, von Range aber das für GBA verantwortliche Bundesjustizministerium zumindest suboptimal. Range hat sich NICHT mit dem Justizministerium vor der Einleitung der Ermitlungen "wegen Landesverrat" abgestimmt, wie es bei einem Vorgang dieser Bedeutung nötig wäre. Der FDP-Mann Range ist kein "unerschrockener Kämpfer für die Unabhängigkeit der Justiz", als den er sich inszeniert. Und dass ein weisungsbefugter Justizminister die Reißleine zieht angesichts der fadenscheinigen Begründungen für Ermittlungen wegen Landesverat gezielt gegen Journalisten und Abgeordnete ist mehr als verständlich. Mir zumindest ist nicht nachvollziehbar, wieso der Stop eines Gutachtens (von wem?) angesichts des recht zweifelhaften Vorgehens sowohl des Verfassungsschutzpräsidenten Maaßen wie des GBA Range eine Behinderung von Ermittlungen sein kann. Ermittelt wird weiter, aber eben nicht wegen "Landesverrat" gegen Journalisten. - Beim jetzigen Kenntnisstand sehe ich das Ganze mehr denn je als gezielten Angriff auf die Pressefreiheit, vorbereitet im Verfassungsschutz - nicht anders hier wie der FDP-Vorsitzende Christian Lindner. Und als Ablenkung vom Versagen von Verfassungsschutz und Generalbundesanwaltschaft beim Schutz vor Ausspähung durch ausländische Geheimdienste, und hier sind zuerst NSA & Co zu nennen.

 

Der Verfassungsschutzpräsident Maaßen als Urheber / Initiator und der FDP-Mann Range als GBA sind gescheitert: Gescheitert bei deren (objektiven)  Angriff auf die Pressefreiheit, um Medien einzuschüchtern, damit sie keine "Dienstgeheimnisse" mehr veröffentlichen, gescheitert vorher beim Schutz vor Ausspähung von Bürger, Politik und Wirtschaft durch ausländische westliche Geheimdienste. Über Ausspähung durch andere Geheimdienste, die wird es wohl geben, ist mir nichts aus den Medien oder durch andere Quellen bekannt.

Helga Karl / 12-8-2015

Amtierender Generalbundesanwalt  stellt Ermittlungen ein: "Kein Landesverrat"

Eilmeldung heute: Die Bundesanwaltschaft und der amtierende Generalbundesanwalt teilen mit, sie gehen ebenso wie das Justizministerium davon aus, dass es sich bei den veröffentlichten Inhalten nicht um ein Staatsgeheimnis handle. Die Ermittlungen gegen Journalisten von Netzpolitik.org wegen "Landesverrat" sind darum offiziell sofort eingestellt worden.

 

Keine der Voraussetzungen für "Landesverrat", nur wenn beide zusammen zutreffen,  sind Ermittlungen gegen Presse/Journalisten zulässig, ist erfüllt:

 

1) Es handelt sich bei den veröffentlichten Dokumenten NICHT um ein Staatsgeheimnis

2) Es lag keine Absicht durch Netzpolitik.org/die Journalisten vor, der Bundesrepublik Deutschland zu schaden.

"Landesverrat": Angriff auf Pressefreiheit

Wenn kein "Landesverrat" vorliegt, ist die Bundesanwaltschaft und der Generalbundesanwalt NICHT zuständig. Ermittlungen wegen "Verletzung von Dienstgeheimnissen" nimmt jetzt die zuständige Staatsanwaltschaft Berlin auf                        10.8.2015

Ziel Journalisten und Abgeordnete, die VerfSchutz überwachen

Neue Informationen sind heute über die Medien (Spiegel und AFP) bekannt geworden: in den Dokumenten des VerfSchutzes "wegen Landesverrat" sei neben dem Journalisten und Blog-Hrsg. Beckedahl auch das "Vertrauensgremium des Bundestags" genannt, das geheim tagt.


Die Behauptung von FDP-Chef Lindner, "Der Angriff auf die Pressefreiheit ist im Bundesamt für Verfassungsschutz vorbereitet worden" bekommt weiter Plausibilität.

Die Linksfraktion bewertet den jetzigen Kenntnisstand - so die Tagesschau heute:

Die Anzeigen des VerfSchutzes waren nur formal "gegen Unbekannt" gestellt. Ziel seien Journalisten und jene Abgeordnete, die für die Überwachung der Geheimdienste zuständig sind.

7.8.2015

Herr Range inszeniert sich wieder selbst

"Der Rauswurf traf nicht den Falschen. Generalbundesanwalt Range war in seinem Amt schon lange überfordert. Trotzdem ist er ein Bauernopfer" - so am 4.8.2015 im Kommentar der stellvertretende Chefredakteur des ZDF. Elmar Theveßen ist Geheimdienstekenner mit persönlichen Kontakten auch zu den Führungen der amerikanischen Geheimdienste, wie man seinen Beiträgen seit Jahren entnehmen kann. "Überfordert" - damit mein Herr Theveßen kaum, dass Herr Range als Generalbundesanwalt bei vielen Belegen (die nicht er ermittelt hat) und über 1000 Strafanzeigen gegen NSA&CO keine Ermittlungen aufgenommen hat.

 

Ja, der GBA Range (FDP) hat beim Schutz unserer Bürgerrechte vor amerikanischen Geheimdiensten ebenso versagt wie das Bundesamt für Verfassungsschutz unter Maaßen, letzeres ist der Vorwurf des FDP-Vorsitzenden Lindner.

 

Ich habe in anderen Branchen Missbrauch durch angeblich "unabhängige wiss. Gutachten" erlebt, sodass ich vorsichtig bin. Wenn dann noch Geheimdienste in der Kritik (das gilt für VerfSchutz wie NSA) mit im Spiel sind, wird die gebotene Vorsicht noch größer. Die Aussage des Justizministers ist, die Rücknahme des Auftrags eines Gutachtens an Externe durch GBA Range war mit Herrn Range am letzten Freitag vereinbart, bevor ein Ergebnis vorgelegen hat. Der "externe Gutachter" war in Urlaub, war vielfach unwidersprochen in den Medien zu lesen. Aber blitzschnell war dieses "Gutachten" des Urlaubers da, mit dem Ergebnis wie das ominöse "Selbstgutachten" des Verfassungsschutzes", die Preisgabe dieser - mir eher harmlos erscheinenden - veröffentlichten  Dokumente seien "Landesverrat". Die größte Keule.

Herr Range geht damit ebenso blitzschnell vor die Presse und behauptet eine "Anweisung" des Ministers zur Stornierung des Gutachtenauftrags öffentlich. Auch DANN wäre es so, zu dem Zeitpunkt lag kein Gutachten und kein Ergebnis vor. Der Justizminister muss reagieren. Wieder blitzschnell finden sich andere Juristen, die dem Justizminister Vereitelung von Ermittlungen vorwerfen. Die nächste Selbstinszenierung des Herrn Range folgt. Soll das von seinem Versagen als Generalbundesanwalt bei Schutz der Bürgerrechte vor ausländischen Geheimdiensten ablenken?

Es ist Zeit, dass die Gremien des Deutschen Bundestages, die Abgeordneten von Rechtsausschuss und Innenausschuss  sich Einblick verschaffen und bewerten:
a) Das "Gutachten" des Verfassungsschutzes selbst über "Staatsgeheimnisse" als Werkzeug für einen Angriff auf die Pressefreiheit (so der FDP-Vorsitzende Lindner), das blitzschnell vorliegende (wer kennt es),
b) Das ominöse "Gutachten" eines unbekannten Externen im Urlaub mit Ergebnis "Landesverrat" und c) das angekündigte Gutachten aus dem Justizministerium.
Und die Beteiligten vor die Gremien des Bundestages laden und ermitteln, wer hat was gewusst und warum nicht gehandelt, etwa das Bundesinnenministerium oder das für Überwachung der  Geheimdienste direkt zuständige Bundeskanzleramt. 7.8.2015

Kritik am "eigentlichen Urheber" VerfSchutzPräs Maaßen 

Die massive Kritik am Verfassungsschutzpräsidenten Maaßen nimmt zu. Der Herausgeber von Netzpolitik.org Markus Beckedahl sieht in Maaßen seit längerem den eigentlich Schuldigen. Der Generalbundesanwalt habe sich instrumentalisieren lassen.

Der Vorsitzende der Linken Riexinger fordert seit Tagen den Rücktritt von Maaßen.

Jetzt greift auch der FDP-Vorsitzende Lindner Maaßen scharf an:

Der "Angriff auf die Pressefreiheit ist im Bundesamt für Verfassungsschutz vorbereitet worden", so Lindner. Der "eigentliche Urheber" Maaßen wollte "ablenken vom eigenen Unvermögen, die Bürgerrechte gegen amerikanische Geheimdienste zu verteidigen".

Auch Konstantin von Notz von den Grünen kritisiert, der "Verdacht stehe im Raum", im Verfassungsschutz sei dieser Angriff auf die Pressefreiheit vorbereitet worden. 6.8.2015

Grüne: "Aufklärung fängt jetzt erst richtig an"

"Seit der Spiegel-Affäre 1962, über die damals zwei Staatssekretäre stolperten und Franz-Josef-Strauß seinen Posten als Bundesverteidigungsminister verlor, hat es kein auch nur annähernd vergleichbares Vorgehen gegen Journalisten gegeben." so die Bundesfraktion B90/Grüne.


Die Fraktion hat dazu  eine Sondersitzung des Rechtsausschusses beantragt und eine

 Parlamentarische Anfrage eingereicht (5.8.2015). Diese umfasst 35 Fragen und kann als pdf-Datei (link) abgerufen werden. Die beantragte Sondersitzung des Rechtsausschusses für Freitag 7.8.2015 wurde von Bundestagspräsident Lammert abgelehnt. Reguläre Sitzungen finden erst im September 2015 statt. Daher machen die sehr nötige "Spurensuche"  derzeit vor allem Journalisten. 6.8.2015

Preis für Engagement für die Rechte der Bürger im Internet

Bundespräsident Gauck konnte gestern selber nicht zur Preisverleihung an NETZPOLITIK.ORG kommen. Wahrscheinlich war er beschäftigt, die Urkunde zur Entlassung des GBA Range in den Ruhestand zu unterschrieben. Die Urkunde für NETZPOLITIK.ORG hatte er wohl schon vorher unterschrieben. Am 5.8.2015 wurden Andre Meister und  Markus Beckedahl von Netzpolitik.org der Preis für ihr Engagement für die Rechte der Bürger im Internet überreicht. Die Bundesregierung unterstützt diesen Preis. 6.8.2015

Sprecher des Bundespräsidialamtes: Bundespräsident Joachim Gauck hat die Ruhestandsurkunde von GBA Range geprüft und unterzeichnet. Sie wird morgen dem Justizministerium ausgehändigt. 6.8.2015

Innenministerium war umfassend informiert, obwohl bestritten

Heutiger Stand: Entgegen früherer anderer Behauptungen durch das Bundesinnenministerium war dieses umfassend über das Vorgehen gegen die Journalisten von Netzpolitik.org "Ermittlungen wegen Landesverrat" informiert. Das umstrittene "Selbst-Gutachten" durch das  Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) wurde an zwei Fachabteilungen im Innenministerium zeitnah weitergeleitet. "In diesem Gutachten begründet das BfV auf Anfrage des LKA Berlin, warum es bei der Veröffentlichung vertraulicher Dokumente durch Netzpolitik.org den Verrat von Staatsgeheimnissen und damit die Zuständigkeit des Generalbundesanwalts gegeben sieht." - Quelle Zitat: Arnd Henze, WDR, ARD-Hauptstadtstudio am 6.8.2015 bei tagesschau.de


Ausserdem wurde das Bundesinnenministerium im Juni 2015 vom BKA Bundeskriminalamt informiert, dass sie vom Generalbundesanwalt zu Ermittlungen gegen die Journalisten von NETZPOLITIK.ORG aufgefordert worden sind. Die beiden Fachabteilungen, die diese genaue Kenntnis hatten, sind unterhalb der obersten Ebene des Bundesinnenministeriums angesiedelt. 6.8.2015

Kanzleramt blieb untätig, ist seit April 2015 informiert

In der heutigen Bundespressekonferenz wurde nachgefragt. Das Kanzleramt war entgegen anderer eigenen Aussagen jetzt  seit April 2015 informiert, ist aber "untätig geblieben".


"Was machte eigentlich der Geheimdienstkoordinator im Kanzleramt, was machte der Chef des Kanzleramts Peter Altmaier?"

fragte eben (Bericht im ZDF  mit dem Video-Titel video/2462792/Das-Kanzleramt-hat-nichts-unternommen) der  ZDF-Journalist Klaus Brodbeck./  5.8.2915

Justizminister entläßt GBA Range

Nach dem öffentlichen Affront am 4.8.2015 von Generalbundesanwalt Range gegen Bundesjustizminister Heiko Maas musste der Minister reagieren.  GBA Range hatte seinem Obersten Dienstherrn vor der Presse Einflussnahme auf dessen Ermittlungen um "Landesverrat" gegen die Blogger-Journalisten von Netzpolitik.org vorgeworfen.

 

Herr Range war als GBA untragbar geworden. Justizminister Maas kam dafür aus seinem Urlaub, seine Erklärung vor der Presse am 4. August 2015 im Wortlaut:


"Die Äußerungen und das von Generalbundesanwalt Range heute gewählte Vorgehen sind nicht nachvollziehbar und vermitteln der Öffentlichkeit einen falschen Eindruck. Ich habe Generalbundesanwalt Range mitgeteilt, dass mein Vertrauen in seine Amtsführung nachhaltig gestört ist und ich deshalb im Einvernehmen mit dem Bundeskanzleramt seine Versetzung in den Ruhestand noch heute beim Bundespräsidenten beantragen werde.

Als Nachfolger für das Amt des Generalbundesanwalts werde ich den Generalstaatsanwalt aus München Herrn Dr. Peter Frank vorschlagen."


Der Nachfolger Dr. Peter Frank kommt "von der CSU". Der 46-jährige "Karriere-Jurist" aus München hat nach Presseberichten in schnellem Durchgang zahlreiche Stationen durchlaufen, die geringste Zeit als Staatsanwalt: Büroleiter bei CSU-Ministerin Merk gehören dazu, Personalleiter (nach kurzer Arbeit im Personalbereich) im bayerischen Justizministerium. Der Jurist Frank war auf Vorschlag von Ministerpräsident Seehofer (CSU) bereits seit längerem als Nachfolger als Generalbundesanwalt  "vereinbart", las ich gestern Abend bei meinen Recherchen. 5.8.2015

"Rang einer Staatsaffäre" inzwischen, nicht nur "Justiz-Posse"

Jetzt ist Sommerpause, die "Justizposse" - so nannte der Deutsche Journalistenverband das Vorgehen von GBA Range und des VerfSchutuPräsidenten Maaßen - wird ein parlamentarisches Nachspiel haben. Das hat inzwischen den "Rang einer Staatsaffäre", so heute im gesendeten Interview im Morgenmagazin von ARD und ZDF die Grünen-Vorsitzende Simone Peter, die vorher Ministerin war.

 

Eine Sondersitzung des Rechtsausschuss des Deutschen Bundestags fordern die Grünen, mit Ladungen der Minister für Justiz, Inneres, von Bundeskanzleramt und der Präsidenten VerfSchutz und GBA Range. Eine Kritik - auch aus der CDU - ist, dass Justizminister Maas nicht bereits früher eingegriffen hat, Kritik richtet sich auch gegen den Innenminister, der für Verfassungsschutz zuständig ist. GBA Range hat öffentlich bestritten, dass sich die Strafanzeige des VerfSchutzPräsidenten "gegen Unbekannt" richtete, wie dieser behauptet hat. Dessen Strafanzeige habe namentlich die Journalisten von Netzpolitik.org genannt.

 

Christiane Wirtz, stellvertretende Pressesprecherin der Bundesregierung, betonte erneut die "volle Unterstützung der Bundeskanzlerin für den Justizminister".

 

Ein Staatsanwalt ist nach unserer Verfassung NICHT unabhängig wie Richter. Der Generalbundesanwalt ist ein "politischer Beamter", der Bundesjustizminister hat die Fachaufsicht über ihn und ist weisungsbefugt, letztlich damit auch verantwortlich für das Handeln des GBA.

 

Um dieses Spannungsverhältnis zwischen "Pflicht zum Eingreifen" und "Ermittlungen nicht behindern" geht es. Ein GBA kann jederzeit ohne Begründung vom zuständigen Minister in den Ruhestand versetzt werden.

 

Justizminister Heiko Maas hatte vor der Eskalation am 4.August 2015 bereits öffentlich Zweifel geäußert, ob es sich bei der Veröffentlichung von internen Dokumenten des Verfassungsschutzes um "Landesverrat" handelt. Für Veröffentlichungen "interner" Dokumente oder Informationen (die kein "Landesverrat" sind), können Journalisten und Medien nicht juristisch verfolgt werden. Alles andere würde jeden investigativen Journalismus faktisch unmöglich machen.


Daher die Thesen, es handle sich bei diesen Ermittlungen von GBA Range, die nach derzeitigem Kenntnisstand von Verfassungsschutz-Präsident Hans-Georg Maaßen gezielt gegen diese Journalisten in Gang gesetzt worden sind, um einen Angriff auf die Pressefreiheit und Einschüchterung generell von kritischen Journalisten.

 

Für das Handeln des Verfassungsschutz-Präsidenten ist der Bundesinnenminister letztlich verantwortlich (für den Verfassungsschutz als Ministerium zuständig) und ebenso das Bundeskanzleramt (direkte Kontrolle der deutschen Geheimdienste).

Ziel Einschüchterung von Journalisten ?

Das investigative Recherche-Team von "Süddeutscher Zeitung", NDR und WDR berichtet, die Bundesregierung habe seit längerem von den Ermittlungen von Generalbundesanwalt Range gegen zwei Journalisten von Netzpolitik.org gewusst, das Justizministerium habe gewarnt.

Bundesjustizminister Heiko Maas hat ein eigenes Gutachten in Auftrag gegeben darüber, ob es sich bei den Veröffentlichungen von internen Unterlagen des Verfassungsschutzes um "Landesverrat" handle. Maas bezweifelt dies. Bundeskanzlerin Angela Merkel ließ inzwischen durch die Regierungssprecherin erklären, Justizminister Maas habe ihre "volle Unterstützung".

Das Kanzleramt überwacht die deutschen Geheimdienste. Das Justizministerium hat die Fachaufsicht über den Generalbundesanwalt, das Innenministerium über die Geheimdienste. 3.8.2015

Widersprüche von GBA Range und VerfSchutzPräs Maaßen

Angeblich habe der Verfassungsschutz bei der Strafanzeige gegen "unbekannt"  keine Ermittlungen gegen Journalisten gewollt, wird behauptet. "Allerdings finden sich in den Akten Hinweise darauf, dass Verfassungsschutz-Präsident Hans-Georg Maaßen das Verfahren gezielt in Gang gebracht hat und hätte wissen müssen, dass es sich auch gegen die Journalisten richtet." so vom "Recherche-Team" Mascolo und Baars in ARD am 2.8.2015.

GBA Range widerspricht öffentlich der Behauptung des Präsidenten des Verfassungsschutzes Maaßen, dieser habe Anzeige gegen "Unbekannt" gestellt. Maaßen habe namentlich die beiden Journalisten genannt und mit einem "Gutachten" des Verfassungsschutzes behauptet, durch die Veröffentlichungen sei angeblich eine "schwere Beeinträchtigung der Arbeit des Verfassungsschutzes" eingetreten.  Was stimmt denn nun? - 2.8.2015

Generalbundesanwalt mit zweierlei Maß !

BLOG Netzpolitik.org mit Titel "Verdacht des Landesverrats". Screenshot; Helga Karl
BLOG Netzpolitik.org
Bundesjustizminister Heiko Maas auf twitter 31.7.2015 - Distanz zu Generalbundesanwalt bei Vorgehen gegen Journalisten
Bundesjustizminister Heiko Maas auf twitter 31.7.2015 - Distanz zum Vorgehen von GBA gegen Journalisten
Christian Flisek fordert auf Twitter den Rücktritt des GBA Range
Christian Flisek fordert den Rücktritt des GBA Range. Der bayerische Rechtsanwalt Flisek ist Sprecher der SPD im NSA-Untersuchungsausschuss

Der stellvertretende SPD-Bundesvorsitzende Ralf Stegner schloss sich der Forderung von Flisek an (Interview im Handelsblatt).

 

Auch die FDP rückt von  Range öffentlich ab. FDP-Vizechef Wolfgang Kubicki gegenüber der "Welt am Sonntag":


Wenn der Generalbundesanwalt die verfassungsrechtliche Rechtsprechung zur Pressefreiheit und zur Aufgabe von Journalisten nicht beachtet, dann ist er in seinem Amt eine Fehlbesetzung. "

Kubicki fordert Konsequenzen.

"Verstörend" und "unverhältnismäßig" nennt Hubertus Heil (SPD) das Vorgehen von Generalbundesanwalt Range.

 

Der Kommentar von Rene Möller bei ARD :

"Erst nach einem Sturm des Protests, aus der Politik, von Aktivisten aus dem Netz und von Journalistenverbänden, haben Sie eingesehen, dass Ihr Verfahren eine Lachnummer war.(...) Gegen die Schnüffelei der US-Geheimdienste haben Sie nichts unternommen." 31.7.2015

 

"Justizposse" nennt das der Deutsche Journalisten-Verband. Die Bundesanwaltschaft ermittelt wegen des Verdachts auf Landesverrat gegen Journalisten des bekannten und mehrfach prämierten Blogs NETZPOLITIK.ORG.

Kommentar Georg Restle, WDR am 31.7.2015

 "Es ist derselbe Generalbundesanwalt, der sich seit Monaten beharrlich weigert, Ermittlungen gegen einen US-Geheimdienst in Gang zu setzen, der in diesem Land Regierungsmitglieder und Journalisten aushorcht, wie es ihm gerade passt. Stattdessen sollen jetzt ausgerechnet die Journalisten eingeschüchtert werden, die den NSA-Skandal mit aufgeklärt haben. Wer begeht hier eigentlich Verrat an den Interessen dieses Landes?"

Es liegen in Deutschland über 1000 Strafanzeigen gegen den US-Geheimdienst vor

 

Der Netzpolitische Sprecher der Grünen Konstantin von Notz: Ermittlungen des Generalbundesanwalts sind "maximal bizarr".

 

Der Vorsitzende der Linken Bernd Riexinger fordert den  Generalbundesanwalt auf, "seinen Hut zu nehmen". Dieser ermittle gegen "ein paar Journalisten" und unternehme nichts dagegen, "dass Millionen Menschen ausspioniert werden" (zu NSA).


Diese GBA-Ermittlungen:  "Blamage für den Rechtsstaat"

"Blamage für den Rechtsstaat" nennt die Grünen-Politikerin und Vorsitzende des Rechtsausschusses im Deutschen Bundestag Renate Künast die Ermittlungen des GBA Generalbundesanwalt gegen zwei Journalisten wegen "Landesverrat", während derselbe GBA nicht gegen NSA angesichts massenhafter Ausspionierung deutscher Bürger, Politiker und Wirtschaft ermittelt.

Wohl "ein schlechter Scherz" twittert dazu Ralf Stegner, stellvertretender SPD-Vorsitzender.

Peter Schaar, früherer Bundesbeauftragter für Datenschutz kommentiert auf twitter:

"Wer die Pressefreiheit in Frage stellt, rüttelt an den Grundfesten der Verfassung".

 

SZ Süddeutsche Zeitung über Ermittlungen wegen "Landesverrat" gegen Journalisten
SZ Süddeutsche Zeitung über Ermittlungen wegen "Landesverrat" gegen Journalisten
"Blamage für den Rechtsstaat", Renate Künast über Ermittlungen gegen Journalisten wegen "Landesverrat" durch Generalbundesanwalt auf Twitter
"Blamage für den Rechtsstaat": Renate Künast von den Grünen, sie ist auch Vorsitzende Rechtsausschuss Bundestag

Bei diesen CDU-MdB:  Pressefreiheit "Unbekannt"

CDU-MdB Koeppen aus Brandenburg/Uckermark auf Twitter: Hat das nicht fast die Qualität des Herrn Pofalla, der den NSA-Skandal qua Pofalla für "beendet" erklären wollte? Pikant: Köppen ist

Vorsitzender des Ausschusses für die Digitale Agenda. Muss er erst noch lernen, dass  NETZPOLITIK.ORG ein internetspezifisches Publikationsmedium ist, mit Pressefreiheit.


Frau Kristina Schröder,  jetzt MdB aus Wiesbaden, hat noch nichts davon gehört, dass die Hürden für Ermittlungen wegen "Landesverrat"  hoch sind und hier kaum zutreffen. Es mangelt der CDU-Frau Schröder auch hier an jeder Sensibilität - hier für Abwägen und Schutz von Pressefreiheit.

 

Bei CDU-MdB "Pressefreiheit unbekannt?"

Sicher nicht bei allen.

Aber diese zwei Beispiele sind schon abstoßend und entlarvend. Der CDU-MdB Jens Köppen aus Uckermark macht sich lustig über die beiden Journalisten von Netzpolitik.org. Der CDU-MdB Köppen scheint zu glauben, ER habe die Definitionsmacht über "Journalist". Ist aber nicht so. Pofalla-Art?

Gleich danach legt Köppen nach.

In staatsobrigkeitlicher Art - nach VOR Bismarck? - legt er fest: "Verschlusssache" - dann gilt das auch für Journalisten. Hat sich nichtmal ansatzweise sachkundig gemacht über bestehende Gesetze zum Schutz von Journalisten. Ein CDU-Bundestagsabgeordneter.

Für "Digitale Agenda" zuständig, eine Schande!



Innerhalb der Union ein Lichtblick aus Bayern durch CSUnet

"Die Medien werden häufig als vierte Staatsgewalt bezeichnet. Deren Freiheit ist nicht nur im

 Grundgesetz besonders geschützt, sondern ist auch unabdingbar für ein funktionierendes

 System. Daher ist es unabdingbar, die Beeinflussung der freien Presse durch den Staat zu vermeiden. Insbesondere für Onlinemedien scheint der Schutzstatus, der für die gedruckte Presse selbstverständlich ist, bisweilen nicht allen klar zu sein. Die Pressefreiheit muss im Netz in gleichem Maße gelten wie außerhalb.

 Natürlich gilt auch für Journalisten und Blogger das Strafgesetzbuch. Die Rolle als

vierte Staatsgewalt bringt auch Verantwortung mit sich. Aber wir erwarten eine sehr sorgfältige

Abwägung der Rechtsgüter: Dem Generalbundesanwalt ist das Cicero-Urteil sicher wohl bekannt und bewusst. Wir gehen davon aus, dass er diesen Fall mit höchster Sensibilität behandelt. Alle Bürgerinnen und Bürger dieses Landes dürfen außerdem gewiss ein ebenso intensives Einschreiten des Generalbundesanwalts bei allen anderen Fällen erwarten, in denen bürgerliche Freiheiten in Deutschland bedroht sein könnten"

Presseerklärung vom 31.7.2015  CSU-net, CSU-net-Landesvorsitzende und MdB Dorothee Bär

 

Ist mit dem letzten Satz gemeint, dass der Generalbundesan walt auch angesichts der belegten Massenausspionierung durch NSA und andere Geheimdienste "intensiv einschreiten" müsste?"

Wäre das die Auffassung des CSU-Vorsitzenden Seehofer, könnte er das jederzeit in der Öffentlichkeit oder zuerst im Koalitionsausschuss sagen. Das Signal würde verstanden...

Justizposse durch Generalbundesanwalt?

Als "Justizposse" bezeichnet der Deutsche Journalisten-Verband dieses Handeln der Bundesanwaltschaft. Die Medien - jedenfalls im Internet - brachten blitzschnell die Nachricht von den Ermittlungen gegen Journalisten von Netzpolitik.Org. Es geht um die Grundlage von Pressefreiheit.

 

Der Vorwurf "Landesverrat": Bereits vor Monaten hatte NETZPOLITIK.ORG zwei redaktionelle Beiträge über Pläne zum Ausbau der Internet-Überwachung in Deutschland veröffentlicht  und als Beleg Auszüge von Dokumenten des deutschen   Bundesverfassungsschutzes veröffentlicht. Inhaltlich geht es um eine neue Einheit des Verfassungsschutzes zur Überwachung  Sozialer Netzwerke.

Auszeichnung für Netzpolitik.org - Schirmherr Bundespräsident

Über 50 Jahre nach der "Spiegel-Affäre" wird in Deutschland wieder gegen Journalisten "wegen Landesverrat" ermittelt. Drunter macht es der Herr Generalbundesanwalt nicht. In diesem Fall.

 

NETZPOLITIK.ORG schreibt heute am 30. Juli 2015, pikant:

"Wir lassen uns nicht einschüchtern und finanzieren uns übrigens über freiwillige Spenden. (...)

 

Nächsten Mittwoch bekommen wir übrigens eine Auszeichnung als „Ausgezeichneter Ort“ von Deutschland – Land der Ideen, einer „gemeinsamen Standortinitiative der Bundesregierung und der deutschen Industrie“ – Schirmherr ist Bundespräsident Joachim Gauck."


Zur Homepage von NETZPOLITIK.ORG

 

mit umfangreichen weiteren Informationen und Dokumenten.

Dort können Sie Einzelheiten nachlesen, User-Reaktionen und auch die "landesverräterischen" journalistischen Beiträge samt der seit Monaten bekannten Dokumente (Ausschnitte) lesen.


Helga Karl                               30. Juli 2015                                                                                 Kieznetzwerk-Berlin       KNB              KNBerlin

Ergänzungen - Fortsetzung "Landesverrat - David gegen Goliath" - jeweils mit   aktuellem Datum


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