"Tag der Trauer" nennen die Menschen und Völker der früheren Sowjetunion den 22. Juni, ein emotionaler Tag.
Am 22. Juni 1941 hat Nazi-Deutschland, die faschistische Deutsche Wehrmacht, die Sowjetunion überfallen:
mindestens 27 Millionen Tote durch den deutschen Überfall und Vernichtungskrieg unter den Bürgern der Sowjetunion,
ca 6 Millionen ermordete Juden durch Nazi-Deutschland.
Eine historische Aufnahme: Der nach dem Dirigenten und Gründer Alexander Alexandrow (1883 - 1946) benannte Chor der Roten Armee singt das Lied "Der Heilige Krieg". Es wurde in der UdSSR ab Herbst 1941 jeden Morgen im Radio gespielt .
"Tag der Trauer" - so nennen seit etwa 10 Jahren Menschen, Völker und Staaten der früheren Sowjetunion das Gedenken an den Überfall von Deutschland, der faschistischen deutschen Wehrmacht am 22. Juni 1941 auf die Sowjetunion - "Unternehmen Barbarossa".
Sehr wenig und zudem öfter wenig sachlich informieren deutsche Massenmedien über die Bedeutung dieses traumatischen und emotionalen Tages.
In den Familien - nicht den Deutschen - ist dieser Tag 22.Juni 1941 unvergessen. Denn es gibt wohl keine Familie der Sowjetunion, die nicht - meist sehr viele - Tote durch den deutschen Angriffs- und Vernichtungskrieg zu beklagen hat und ein zerstörtes Land.
Botschaften der Länder der früheren Sowjetunion, inzwischen weitere Länder, Organisationen, einzelne Menschen gedenken in würdevoller Weise am "Tag der Trauer" in Berlin der 27 Millionen Toten der Sowjetunion ursächlich durch Nazi-Deutschland.
Jedes Jahr am 22. Juni findet auf Initiative der Botschaft der Russischen Föderation und weiterer Botschaften der GUS-Staaten (Gemeinschaft Unabhängiger Staaten) in Deutschland, in Berlin eine Niederlegung von Kränzen und Blumen am Sowjetischen Ehrenmal in Berlin-Tiergarten und im Treptower Park statt. Diese Gedenkstätten sind auch Grabstätte für Tausende Sowjetsoldaten, die bei der Befreiung vom Faschismus gefallen sind.
Die Einladung, sich würdig an diesem Gedenken am "Tag der Trauer" zu beteiligen, gilt auch Deutschen, Politik, Organisationen, der Zivilgesellschaft, Menschen in Deutschland,
Nach der Ehrung durch Kranz-Niederlegungen beginnt wieder der Botschafter der Russischen Föderation in Deutschland: er legt Rote Nelken am Ehrenmal nieder, mit und nach ihm die weiteren Botschafter und Vertreter von Staaten (2016 GUS-Staaten, Bundesrepubik Deutschland und Italien) und Organisationen. Nach der Blumen-Niederlegung verneigen sich die Menschen, Militärangehörige salutieren und verharren in kurzem schweigenden Gedenken.
Dann tritt die nächste Gruppe der wartenden Menschen die letzten Stufen empor.
Es ist ein ehrendes, würdiges Gedenken - jener, die gekommen sind.
© Fotos: Helga Karl am "Tag der Trauer", 22.Juni 2016 am Sowjetischen Ehrenmal Tiergarten
Mit einem Gedenk-Konzert im Berliner Dom am Abend des 22.Juni 2016 gedachten der Botschafter Russlands in Deutschland Wladimir Grinin, Bundesratspräsident Stanislaw Tillich und weitere Vertreter von Politik und Zivilgesellschaft der Toten, vor allem der 27 Millionen Toten der Sowjetunion durch den deutschen Angriffs- und Vernichtungskrieg vor 75 Jahren am 22.Juni 1941.
Eindeutige Worte von Tillich als derzeitiger Bundesratspräsident sind nötig, denn der braune Sumpf der Neo-/Nazis und deren heimliche Sympathisanten stehen bereit zur brutalen
Geschichtsfälschung, als erster Schritt oft die Relativierung - die einmal das Bewusstsein von Millionen Westdeutschen nach 1945 prägte... jahrzehntelang.
Tillich: „Der Zweite Weltkrieg war ein Vernichtungskrieg, der über Europa und die Welt unermessliches Leid brachte“ und "Dieser Krieg ging von Deutschland aus. Mit dem Angriff auf die Sowjetunion heute vor 75 Jahren begann ein weiteres dunkles Kapitel, das Millionen Menschen den Tod brachte."
Der russische Botschafter Grinin:
"An dieser Stelle möchte ich wieder tief bewegende Worte des großen russischen Schriftstellers Daniil Granin zitieren, der den ganzen Krieg durchmachte. Am 27. Januar 2014 sagte er in seiner Rede im Bundestag, dass der Hass in eine Sackgasse führt und keine Zukunft hat. Man muss vergeben können, aber darf auch nichts vergessen.
In einem seiner Essays schrieb er: «Jedoch starb bei all den Grauen der Kriegsjahre, der KZs, des Terrors die Barmherzigkeit nicht aus, es wächst das Verständnis, dass diese Brutalität unzulässig ist, die Sehnsucht nach der Menschlichkeit wächst, immer öfter offenbaren sich der gegenseitige Beistand und das Mitleid. Das Derivativ des Guten ist positiv».
Seine Botschaft gibt, unter anderem, deutlich zu verstehen, wie und warum die Wiedervereinigung Deutschlands eines Tages zustande kam."
Und wie hat Deutschland das gedankt, fragen sich wie ich viele
© Fotos: Helga Karl; Gedenkveranstaltung am Jahrestag des Überfalls von Nazi-Deutschland auf die Sowjetunion auf der Strasse des 17.Juni vor dem Sowjetischen Ehrenmal Berlin
Zwei Drittel der 27 Millionen Toten - Bürger der Sowjetunion - ursächlich durch den rassistischen deutschen Angriffs- und Vernichtungskrieg waren Zivilisten.
"Es war die Leningrader Front, wo der Krieg zu einem Krieg gegen die Einwohner einer Stadt wurde, indem man anstelle von Soldaten den Hunger einmarschieren ließ. (....)
Im Februar verhungerten täglich etwa dreieinhalbtausend."
Der 1919 geborene sowjetische, jetzt russische Schriftsteller Daniil Granin, er sprach als Soldat der Armee der Sowjetunion,
im Deutschen Bundestag
am 27. Jan. 2014
Steh auf, steh auf, du Riesenland!
Heraus zur großen Schlacht!
Den Nazihorden Widerstand!
Tod der Faschistenmacht!
Es breche über sie der Zorn
wie finstre Flut herein.
Das soll der Krieg des Volkes,
Der Krieg der Menschheit sein.
Text: Wassili Lebedew-Kumatsch
Musik: Alexander Alexandrow
Deutsche Fassung des Textes:
Stephan Hermlin
"Wer als Deutscher über Russland und seine Menschen redet, auch über seine Politiker, seinen Präsidenten, muss im Gedächtnis haben, was heute vor 75 Jahren begann.
Dann wird jede verletzende Arroganz verfliegen und sich das Bedürfnis regen, wenigstens einen Bruchteil des Horrors wieder gutzumachen."
Erhard Eppler SPD am 22.Juni 2016, Gedenkveranstaltung beim Sowjetischen Ehrenmal Berlin-Tiergarten
Im Handeln so mancher deutscher Politiker und Entscheider in den deutschen Massen-Medien kann ich wenig und öfter sogar das Gegenteil von jener Haltung und Praxis erkennen, die der 89-jährige Erhard Eppler am 22. Juni 2016 zu Recht anmahnt.
An mangelndem Wissen über unbestreitbare Tatsachen kann es nicht liegen, 75 Jahre nach dem Überfall von Nazi-Deutschland auf die Sowjetunion mit 27 Millionen toten
Bürgern der UdSSR als Folge, davon 2/3 Zivilisten,
oft grausamst von Deutschen und ihren Helfern ermordet, dazu verbrannte Erde durch die Deutschen Nazi-Verbrecher in den Ländern der Sowjetunion
....
Helga Karl
Stellvertretend für Millionen Familien der früheren Sowjetunion, deren Schicksale:
"Als Vater dann auf Krücken aus dem Lazarett entlassen wurde und sich dem Haus (in Leningrad; H.K.) näherte, da sah er, wie Sanitäter Leichen von verhungerten Menschen aus dem Haus trugen. Und er erblickte Mutter. Er trat an sie heran und ihm schien, dass sie atmet. Da sagte er zu den Sanitätern: ‚Sie lebt doch noch!‘ – ‚Unterwegs wird sie sterben’, sagten ihm die Sanitäter. ‚Sie schafft es nicht mehr.‘
Vater erzählte, wie er sich mit seinen Krücken auf die Sanitäter gestürzt und sie gezwungen hatte, sie zurück in die Wohnung zu tragen. Und er hat sie wieder hochgepäppelt. Sie blieb am Leben. Sie lebte bis 1999. Und Vater ist Ende 1998 gestorben.
Vaters Familie war recht groß. Er hatte sechs Brüder, fünf sind in jenem Krieg gefallen. Das war eine Katastrophe für die Familie. Auch Mutters Angehörige waren ums Leben gekommen.
Ich war ein spätes Kind. Mutter brachte mich mit 41 Jahren zur Welt.
Es gab in Russland keine Familie, wo nicht jemand gefallen war.
Und natürlich Leid, Not, eine Tragödie.
Aber sie hassten den Feind nicht, das ist erstaunlich."
Wladimir Putin
Die folgenden Textblöcke, Zitate, sind dem Band entnommen (die Seitenzahlen zur Quellenangabe beziehen sich darauf):
"Aus dem Schatten der Erinnerung. Vergessene Opfer des Vernichtskrieges gegen die Sowjetunion"
Herausgeber dieses Bandes sind das Museum Berlin Karlshorst und die Stiftung für die ermordeten Juden Europas. Sie können sich das Buch als pfd hier herunterladen (Klick auf den Link) "Vergessene Opfer des Vernichtungskrieges gegen die Sowjetunion"
Anweisung am 2. Mai 1941 (also bei der Planung des Nazi-deutschen Überfalls durch die faschistische deutsche Wehrmacht
H.K.)
durch "Hermann Göring, die eroberten sowjetischen Gebiete in den Dienst der deutschen Kriegswirtschaft zu stellen, wobei
»zweifellos ...zig Millionen Menschen verhungern [werden],
wenn von uns das für uns Notwendige aus dem Lande herausgeholt wird«. Seite 5 "Aus dem Schatten der Erinnerung"
Das stand auf einem Plakat der Ev. Schule, das deren Schüler vor dem Berliner Dom zeigten und die Namen der Ermordeten verlasen.
Es war eine Aktion anlässlich 75 Jahre Reichspogromnacht:
Erinnern - Gedenken - Mitgehen
"Ihr Name ist Lilian Rosenzweig, Jahrgang 1932, deportiert und ermordet 1943 in Auschwitz, 11 Jahre alt." -
Deportiert aus Berlin durch Deutsche, ermordet von Nazi-Deutschland.
Auch die sehr vielen von Deutschen ermordeten Kinder der Sowjetunion haben einen Namen,
alle von Nazi-Deutschland Ermordeten haben einen Namen:
"Tatjana Nikolaewna Sawitschewa wurde in Leningrad (Sankt Petersburg) als Tochter eines Bäckers und einer Näherin geboren. (...)
Tatjana Sawitschewa macht Notizen zum Schicksal ihrer Familie auf insgesamt neun Seiten eines Telefonbuches.
Am 28. Dezember 1941 verhungert ihre Schwester Shenja.
Es folgen am 25. Januar 1942 ihre Großmutter,
am 17. März ihre Schwester Leka,
am 13. April und am 10. Mai ihre Onkel Wasja und Lescha.
Tatjanas letzter Eintrag, die bei allen Todesfällen immer auch die genaue Uhrzeit festhält, ist:
»Mama – 13. Mai um 7.30 Uhr früh. 1942; alle sind gestorben; Tanja ist allein übriggeblieben.«
Im Sommer desselben Jahres wird sie aus Leningrad evakuiert. Doch ihr körperlicher Verfall durch den langanhaltenden Hunger ist nicht mehr aufzuhalten.
Tatjana Sawitschewa stirbt am 1. Juli 1944 im Alter von 14 Jahren in
Schatki, einem Dorf im Gebiet Nishnij Nowgorod (damals Gorki)."
Seite 18 "Aus dem Schatten der Erinnerung"
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Deutsche Bestien (H.K.), hier einer von der Deutschen Wehrmacht dazu:
"Generalquartiermeister Eduard Wagner
äußerte auf einer Chefbesprechung der Armeeoberbefehlshaber am
13. November 1941 in Orscha:
»Es kann keinem Zweifel unterliegen,
dass insbesondere Leningrad verhungern muss, denn es ist unmög-
lich, diese Stadt zu ernähren.«
Seite 6 "Aus dem Schatten der Erinnerung"
Von deutschen Bestien (H.K.) am 22. März 1943 ermordet, sie war 20 Jahre:
"Wanda Jaskewitsch lebte mit ihren Eltern Anton Antonowitsch
(*1896) und Elena Sidorowna (*1895) sowie ihren sechs Geschwistern in Chatyn, einem Dorf mit 26 Holzhäusern etwa 60 Kilometer nördlich von Minsk. Der Ort samt seiner Einwohnerschaft wurde in einer deutschen Racheaktion ausgelöscht. (...)
Am Nachmittag des 22. März umstellen Polizei und SS gemeinsam das Dorf Chatyn. Mit Gewehrkolbenschlägen treiben sie alle Dorfbewohner – vom
Kleinstkind bis zum Greis – in die große Scheune der Kolchose. (...)
Bei einem Fluchtversuch wird die achtjährige Lena Jaskewitsch vor den Augen ihres Vaters erschossen. Anschließend setzen die Deutschen die Scheune in Brand und schießen auf diejenigen, die zu entkommen versuchen.
Am 22. März verbrennen in der Scheune von Chatyn 149 Menschen, davon ungefähr die Hälfte Kinder, bei lebendigem Leibe oder kommen bei einem Fluchtversuch um.
Das Dorf Chatyn wird geplündert und niedergebrannt.
Keiner der Täter ist nach dem Krieg
in Deutschland strafrechtlich
belangt worden.
Chatyn ist einer von hunderten polnischen und weißrussischen,
ukrainischen und russischen Orten, die im Zuge von ›Vergeltungsaktionen‹ durch deutsche Einheiten und ihre Helfer ausgelöscht wurden."
Seite 24 "Aus dem Schatten der Erinnerung" / www.khatyn.by
Sie war 1942 bei ihrer Ermordung durch Deutsche 5 Jahre alt:
"Larissa Kaplan wurde 1937 in Minsk, der Hauptstadt der damaligen
weißrussischen Sowjetrepublik, geboren. Ihr Vater Mordechai und ihre Mutter Mania, geborene Aig, bekannten sich zum Judentum. Sie gehörten zu den rund 71.000 Juden, die 1939 in Minsk lebten. Knapp ein Drittel der Minsker Bürger war jüdisch. (...)
Drei Wochen nach dem Einmarsch befiehlt die örtliche Feldkommandantur der Wehrmacht, ein Ghetto in der
weitgehend zerstörten Stadt einzurichten. (...)
Die Wehrmacht plant, alle weißrussischen Juden zu ermorden, um die Lebensmittel- und Wohnungsknappheit zu bekämpfen, die für die deutschen Soldaten zu einem Versorgungsproblem wird. (...)
Einem Bericht zufolge wird Larissa zu ihrer Rettung von nichtjüdischen Weißrussen adoptiert. Doch diese bringen Larissa aus Furcht vor Verfolgungsmaßnahmen zu ihrer Mutter zurück. Larissa Kaplan und ihre
Mutter werden1942 – ein genaues Datum lässt sich nicht ermitteln – von deutschen SS-Angehörigen in Minsk ermordet. (...)
Larissa Kaplan und ihre Angehörigen zählen zu den etwa eine Million
weißrussischen, ukrainischen und russischen Juden (bezogen auf
den Gebietsstand vor der deutsch-sowjetischen Teilung Polens im
September 1939),
die von deutschen SS- und Militäreinheiten zwischen 1941 und 1944 ermordet wurden."
Seite 12 "Aus dem Schatten der Erinnerung"
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